Höhenbegrenzung für Gehölze: Wann der Nachbar einen Rückschnitt verlangen kann

Wenn Hecken, Bäume oder Sträucher auf einem höher gelegenen Grundstück wachsen, stellt sich oft die Frage, ab welcher Höhe sie stören dürfen. Entscheidend ist dabei der Punkt, an dem die Pflanze aus dem Boden austritt – nur in Ausnahmefällen spielt das Niveau des tieferen Nachbargrundstücks eine Rolle.

Fallbeispiel: Streit um Pflanzenhöhe bei unterschiedlichen Grundstücksniveaus

In einem konkreten Fall in Baden-Württemberg ging es um mehrere Gehölze entlang einer Grundstücksgrenze: einen Lorbeerbaum, einen Flieder, eine Kreppmyrte und einen Rosenstrauch. Das Grundstück, auf dem sie standen, lag etwa einen Meter höher als das des Nachbarn, da es bei der Hauserrichtung 1994 aufgeschüttet worden war.

Die Nachbarn forderten einen jährlichen Rückschnitt auf maximal 1,80 Meter – gemessen vom Niveau ihres tiefer liegenden Grundstücks. Doch das Gericht entschied anders.

Urteil: Maßgeblich ist der natürliche Austrittspunkt der Pflanzen

Das Gericht gab der Klage nur teilweise statt:

  • Flieder und Kreppmyrte müssen auf 1,80 Meter (gemessen am Austrittspunkt) zurückgeschnitten werden.
  • Lorbeerbaum und Rosenstrauch durften bleiben, da sie die zulässige Höhe noch nicht überschritten hatten.

Laut § 16 Abs. 1 des Nachbarrechtsgesetzes Baden-Württemberg (NRG BW) gelten für Gehölze je nach Grenzabstand bestimmte Höhenbegrenzungen:

  • Bei einem Abstand von bis zu 2 Metern sind maximal 1,80 Meter erlaubt (betrifft z. B. Flieder, Kreppmyrte und Rosensträucher).
  • Bei einem Abstand von bis zu 3 Metern dürfen andere Gehölze wie Lorbeerbäume bis zu 4 Meter hochwachsen.

Wichtig: Ein Rückschnitt darf nur zwischen Oktober und Februar erfolgen (§ 16 Abs. 3 NRG BW).

Ausnahme: Künstliche Aufschüttung zur Umgehung der Regelungen

Nur wenn das höhere Gelände gezielt aufgeschüttet wurde, um die Vorgaben zu umgehen (z. B. direkt bei der Pflanzung), ist das Niveau des Nachbargrundstücks maßgeblich. Im vorliegenden Fall war die Aufschüttung jedoch schon lange vorher erfolgt, sodass die normale Regelung galt.

Anders beim umgekehrten Fall: Bepflanzung auf tieferem Grundstück

Befinden sich die Pflanzen auf dem tiefer gelegenen Grundstück, gilt eine andere Regelung: Hier wird die zulässige Höhe vom höheren Nachbargrundstück aus berechnet. Das bedeutet, die Differenz zwischen den Geländeniveaus wird zur Pflanzenhöhe addiert – erst wenn dieser Wert die Grenze überschreitet, kann ein Rückschnitt verlangt werden (BGH, Urteil v. 2.6.2017, V ZR 230/16).

Fazit: Austrittspunkt entscheidet – außer bei Manipulation

Grundsätzlich wird die Höhe von Gehölzen am natürlichen Austrittspunkt gemessen. Nur wenn eine künstliche Aufschüttung zur Umgehung der Vorschriften dient, kommt das Niveau des Nachbargrundstücks zum Tragen. Planen Sie eine Bepflanzung in Grenznähe, lohnt sich daher ein Blick ins Nachbarrecht, um spätere Konflikte zu vermeiden.

*(Quelle: BGH, Urteil v. 27.6.2025, V ZR 180/24)*

  9. Juli 2025